Digitalisierung, Automatisierung, Robotik, Artifizielle Intelligenz, Big Data, … auf allen Ebenen geht die Technologie voran. Die Sorge um den Bestand von Arbeitsplätzen wird viel thematisiert. Und die Diskussion geht weit darüber hinaus. In der Tat stellt sich die Frage: Wo bleibt der Mensch? Dieser Frage gehe ich hier auf den Grund, mit einem Plädoyer für unsere einzigartigen menschlichen Gaben.


 

Zukunft der Arbeit

Große Sorgen vieler Menschen im technologischen Wandel sind die Bedeutung der Arbeit und die Sicherheit der Arbeitsplätze. Arbeit zu haben heißt mit der eigenen Kraft seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dieses Thema ist bei jeder tiefgreifenden Veränderung präsent. So verloren die Kutschenbauer und Pferdezüchter ihre Arbeit, als das Automobil aufkam. Doch die digitale Revolution erfasst alle Bereiche. Die Untersuchung des Weltwirtschaftsforums in Davos prognostizierte 2016 einen Abbau von etwa fünf Millionen Jobs in den 15 wichtigsten Industrie- und Schwellenländern bis Ende 2020. Umgekehrt entstehen neue Arbeitsplätze. Natürlich werden diese Zahlen von Experten heiß diskutiert. Fakt ist: Die Arbeitsplätze und das Arbeitsleben verändern sich. Das erzeugt Angst.

 

„Der Verstand irrt, das Gefühl nie.“ – Robert Schumann

Was nur der Mensch kann

Es gibt Grenzen der Automatisierung, die bereits in Fachkreisen analysiert werden. Beispielsweise sind viele Aufgaben von Facharbeitern in den Fabriken komplexer, als in den Hochrechnungen angenommen. Werden diese Aufgaben automatisiert, so gehen Innovationsfähigkeit und Flexibilität verloren. Damit würden wesentliche Wettbewerbsvorteile für die Unternehmen versiegen.

„Wir müssen solider werden und uns auf die Ursprünge besinnen, wir müssen unsere manuellen Fähigkeiten verbessern und weiterentwickeln und uns dabei nicht von Maschinen abhängig machen“ – Mitsuru Kawai, technischer Direktor Toyota

Aus meiner Sicht greift die Business-Betrachtung von Wettbewerbsvorteilen viel zu kurz. Was wir bei aller Technologie und allen Debatten nicht vergessen sollten, sind die einzigartigen Gaben, die uns Menschen auszeichnen. Vielleicht ist gerade die Digitalisierung dafür gut, dass der Mensch als wertvolle Ressource gesehen wird, als eine, in die es sich zu investieren lohnt. In dieser Zeit sollten wir Menschen uns darauf besinnen, welch unergründliche Wesen wir wirklich sind.

 

„Nicht das Kapital bestimmt den Wert eines Unternehmens, sondern der Geist, der in ihm herrscht.“ – Claude Dornier

Emotionale Wesen

Wir Menschen sind emotionale Wesen. Wir fühlen beispielsweise Angst und können so Gefahren erkennen und abwenden. Auch wenn viele Gefahren heute nicht mehr real sind, wie etwa die Bedrohung durch Säbelzahntiger, so ist diese Emotion ein wichtiges Gut und sichert das Überleben. Nur weil es Angst gibt, können wir mutig sein: Mit wachen Sinnen in Situationen hineingehen und diese bewältigen. Nicht nur das. Wir Menschen sind auch in der Lage Liebe zu empfinden, weit jenseits der körperlichen Anziehung. Manche sagen, dass dies die kraftvollste Emotion ist. Aus meiner Sicht ist diese These wahr. Liebe zu den Menschen vermag ganze Nationen zu bewegen und Geschichte zu schreiben. Die Werke von Martin Luther King, Mahatma Gandhi und Nelson Mandela sind Ausdrucksformen davon.

Was eigentlich ansteht ist das Entwickeln von emotionaler Intelligenz. Dabei geht es darum, die Emotionen als kraftvolle Energien zu nutzen, statt ihnen ohnmächtig ausgeliefert zu sein –  oder sie auszuklammern. Letzteres wird im Geschäftsleben gerne getan, siehe Homo oeconomicus. Das verleugnet jedoch unsere wahre Natur.

 

„Verstand ohne Gefühl ist unmenschlich; Gefühl ohne Verstand ist Dummheit.“ – Egon Bahr

Soziale Wesen

Wir sind zutiefst soziale Wesen. Wir leben eingebettet in Gemeinschaften und suchen Zugehörigkeit. Die Gemeinschaft ist überlebenswichtig, denn lange bedeutete die Isolation den sicheren Tod. Dieser archaische Instinkt ist nach wie vor in uns aktiv. Auch Unternehmen sind Gemeinschaften. Das ist für viele Menschen Motivation und sinnstiftend. Wir interagieren ständig mit anderen Menschen. Das ist in der Regel wenig effizient und konfliktbehaftet. David Byrne äußert in seinem Artikel „Eliminating the Human“ https://www.technologyreview.com/s/608580/eliminating-the-human/ die Hypothese, dass Social Media dafür da sei, die Interaktion zwischen Menschen abzubauen, zumindest die direkte Interaktion. Alle rennen mit dem Smartphone durch die Gegend, doch kaum jemand spricht noch mit seinem Gegenüber. Führung auf Distanz ist gerade der Hype in Unternehmen. Wird das funktionieren? Wohl kaum. Auch digital gibt es Missverständnisse und Konflikte. Die werden in der Anonymität oft sogar heftiger ausgetragen.

Was eigentlich ansteht ist eine Ausbildung für funktionierende Kommunikation. Das geht weit über technische und fachliche Kompetenzen hinaus und berührt unseren Kern: Persönlichkeit und innere Haltung. Mit kommunikativer Kompetenz lassen sich auch die digitalen Wege besser nutzen. Zugleich steigt die Fähigkeit zur Zusammenarbeit und damit die Innovationskraft.

 

„Man ist nicht bloß ein einzelner Mensch, man gehört einem Ganzen an.“ – Theodor Fontane

Beitragende Wesen

Wir Menschen sind in der Lage anderen und der Gemeinschaft zu dienen. Das bedingt, dass wir uns selbst hintenanstellen. Dies ist ein Akt der Demut, der das Ego überwindet. Schaut man sich in der westlichen Welt und im Business um, könnte man meinen, dass uns diese Fähigkeiten abhandengekommen ist. Doch das stimmt nicht. Es gibt viele Menschen, die sich ehrenamtlich für die Gemeinschaft engagieren, sei es in den Vereinen oder bei den Feuerwehren. In den Unternehmen gibt es zahllose loyale Seelen, welche die Teams und damit die Gemeinschaft zusammenhalten. Das sind nicht unbedingt die ranghohen Mitarbeiter, die viel Anerkennung kassieren. Doch ohne ihr oft stilles Wirken würde vieles in den Betrieben zerfallen. Unter den Ranghohen sind es die Demütigen, die still und oft fast unbeachtet große und nachhaltige Erfolge realisieren. Das belegen die Studien von Jim Collins in seinem Buch „Good to Great“ https://www.amazon.de/Good-Great-Jim-Collins/dp/0712676090/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1505259947&sr=8-1&keywords=jim+collins+good+to+great.

Was eigentlich ansteht ist der wertschätzende Blick auf den Beitrag unterschiedlicher Menschen mit ihren Verhaltensweisen und der so erzeugten Wirkung. Es geht auch darum, das eigene Ego nicht zu groß werden zu lassen. Was ganz wichtig ist: Wir sollten lernen, dass wir als Menschen nur gemeinsam gewinnen können. Wenn einer verliert, verlieren letztlich alle.

 

„Das Gute, welches du anderen tust, tust Du immer auch dir selbst.“ – Leo Tolstoi

Kreative Wesen

Wir Menschen sind kreative Wesen. Man könnte auch sagen, dass der Mensch eine verspielte Natur hat. Kinder kommen so auf die Welt, auch mit dem unerschütterlichen Glauben, dass sie alles erreichen können. Sie haben Ideen, spielen, probieren. Sonst hätte keiner von uns je das Laufen gelernt. Schon in der Schule kommen uns viele dieser Qualitäten abhanden. Obendrein wurde Kreativität lange in die künstlerische und brotlose Ecke gestellt. Inzwischen sehen Unternehmen, dass sie die Kreativität für Innovation und damit für den nachhaltigen Bestand brauchen. Daher gibt es allerlei Methoden, um den Mitarbeitern kreative Ideen zu entlocken, sei es Design Thinking, Querdenken, agiles Arbeiten,… Dabei schlummert Kreativität in uns allen, wenn wir echtes Interesse haben und neugierig sind. Am besten kommt Kreativität zum Vorschein, wenn wir uns langweilen. Gibt es da eine Erkenntnis? Genau: Wie sollen wir Menschen in dieser hektischen Welt kreativ sein?

Was eigentlich ansteht ist Ruhe zu finden. Der ständige Drang nach Produktivität hilft hier nicht. Entschleunigung ist ein schreckliches Wort. Eigentlich geht es „nur“ darum, wieder einmal in die Luft zu schauen, Tag zu träumen, neugierig zu sein. Dort liegen die Ideen für neue Welten.

 

„Kreativität: Erfordert, abseits vom Unwort-Status des Zeitgeistes, eine arrogante Unzeit an Unproduktivität.“ – Andreas Egert

Erschaffende Wesen

Wir Menschen sind Träumer. Abfällig könnte man „Spinner“ sagen. Wir sind der Lage Neues zu erdenken und dann zu erschaffen. Woher kommen die neuen Gedanken? Aus tiefen Gehirnwindungen, Interaktion, Langeweile oder Persönlichkeit? Hier bleibt die Wissenschaft Antworten schuldig. Wie auch immer, Menschen mit Vision werden wahlweise belächelt, verspottet oder bewundert, je nachdem, wie real der Traum bereits geworden ist. Fakt ist: Ohne Träumer und Visionäre hätten wir viele Unternehmen nicht. Die Entwicklung unserer Gesellschaft und der technische Fortschritt würden uns fehlen. Denken wir nur an Tesla, Nikola Tesla und das Unternehmen mit seinem Gründer Elon Musk, an Richard Branson oder Robert Bosch oder an viele andere.

Was eigentlich ansteht ist unseren Träumen nachzuspüren und die Dinge in die Welt zu bringen, die uns wirklich begeistern. Doch wer wagt das heute noch? Dabei geht es gar nicht unbedingt um weltbewegende Visionen. Gerade das eigene Leben ist es wert.

 

„Ohne Begeisterung, welche die Seele mit einer gesunden Wärme erfüllt, wird nie etwas Großes zustande gebracht werden.“ – Adolph Knigge

 

Spirituelle Wesen

Wir Menschen sind spirituelle Wesen. Das heißt, dass wir über uns selbst hinausdenken und unsere beschränkte Erkenntnis überschreiten können. Seit es Menschen gibt, gibt es den Glauben an höhere Mächte, die unterschiedliche Namen erhalten haben: Gott, Spirit, Buddha, Allah, Äther, Universum, … Das ist der Versuch das Unerklärliche zu beschreiben, das, was weit jenseits unserer menschlichen Vorstellungskraft liegt. Aller Forschung zum Trotz kann heute niemand das Geheimnis des Lebens erklären. Wo kommen wir her und wo gehen wir hin? Das sind kollektive und zutiefst individuelle Fragen, existenzielle Fragen für uns alle. Nur aus dieser Perspektive heraus vermögen wir den Wert unseres Lebens wirklich einzuschätzen.

Was eigentlich ansteht ist sich mit der Natur des Lebens auseinanderzusetzen. Dazu gehört auch sich einzugestehen, dass wir als Menschen vieles nicht begreifen und erklären können. Das macht demütig und hilft dabei, das uns geschenkte Leben wirklich auszukosten.

 

„Habe täglich den Tod vor Augen; das wird Dich vor kleinlichen Gedanken und vor maßlosen Begierden bewahren.“ – Epiktet

 

Ausblick

Das ist mein Plädoyer für uns Menschen und unsere einzigartigen Gaben. Wir sollten uns dieser Gaben bewusst sein und sie nutzen, für ein individuell gutes Leben, einen gesunden Wohlstand und funktionierende Gemeinschaften. Alles auf dieser Welt strebt nach Balance. Wir kommen aus der Balance, wenn wir die Technik überbetonen oder gar über uns stellen. Die Technik sollte uns dienen und das Leben angenehm machen. Sie darf uns nicht beherrschen oder unsere Lebensgrundlage zerstören. Viel ist schon schiefgegangen. Es ist höchste Zeit zum Umdenken. Das hat nichts mit Ethik zu tun, sondern mit unserem Zusammenleben und Überleben.

 

Mein Team und ich stehen Ihnen für Fragen gerne zur Verfügung, Kontakt über a.henke@carpeviam.com.

 

Dr. Anja Henke, Unternehmenswachstum

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