Eine Studie der Unternehmensberatung Carpe Viam und der Hochschule RheinMain zeigt, dass Banken sich wandeln müssen. Gefragt sind vor allem eine klare innere Haltung und grundlegender Gestaltungswille, die Entwicklung tragfähiger neuer Strategien sowie eine wirksame Stärkung der Führung und Steuerung.

Die Welt der Banken wurde vor neun Jahren von einer schweren Finanz- und Schuldenkrise erschüttert unter deren Folgen die Kreditinstitute bis heute leiden: Während die Erträge klassischer Geschäftsfelder weg brechen und durch Kostensenkungen kaum mehr auszugleichen sind, ist es der Branche bislang nicht gelungen, sich strategisch neu zu positionieren und zukunftsträchtige Wachstumsfelder zu erschließen. Zudem werden die Banken durch die zahllosen FinTechs und hochagile Nichtbanken, die tradierte Geschäftsmodelle in Frage stellen, weiter in die Defensive gedrängt.

Die Unternehmensberatung Carpe Viam ist gemeinsam mit der Hochschule RheinMain und den Beratungsinstituten BS Change und H-Faktor in der Studie “Zukunft der Banken” der Frage nachgegangen, wo Auswege aus diesem Dilemma liegen und wie der Bankensektor aus eigener Kraft zurück in die Erfolgsspur und neue Wachstumspfade finden kann. Hierzu wurden rund 50 Manager und Experten aus einem breiten Spektrum privater und öffentlicher Kreditinstitute anhand von 40 Thesen zur anhaltenden Bankenkrise und zu möglichen Lösungsansätzen befragt. Auf Grundlage der Ergebnisse werden zahlreiche Empfehlungen für die Praxis gegeben.

Orientierungslosigkeit und Ohnmacht versus Rückgewinnung eigener Gestaltungsmacht

Die Autoren der Studie attestieren der Bankenbrache mit Blick auf die Zukunft Orientierungslosigkeit und ohnmächtige Handlungsstarre. Es mangle zudem an klarer Ausrichtung auf die Risiken und Chancen im Markt, was die Gefahr neuer Krisen und Abwärtsspiralen berge. Die Banken könnten mit einer inneren Haltung, die auf Erfolg und eigene Gestaltungskraft, Führung stärkt und die Entwicklung von Zukunftsstrategien wirksam fördert, dem gegensteuern. „Nur über die Entwicklung eines klaren, positiven Bilds der Zukunft und aktiven Gestaltungswillen wird die Grundlage für erfolgreichen Wandel und neues Wachstum geschaffen“, sagt Wachstumsexpertin Anja Henke, Geschäftsführerin bei Carpe Viam und frühere McKinsey-Beraterin. „Die Devise sollte lauten: raus aus der Ohnmacht, verändern wollen statt nur müssen, das Heft des Handelns zurück gewinnen“.

Weiterhin dringender Handlungsbedarf in der Branche

Der Studie zufolge ist sich die Branche einig, dass sich die Banken angesichts der fundamentalen Bedrohungslage deutlich verändern müssen. Für das Gelingen des notwendigen Wandels seien die kritische Prüfung der internen Führungs- und Steuerungsprozesse sowie deren Ausbau unverzichtbar. Besonders im Risiko- und Chancenmanagement der Banken als zentraler Handlungsgrundlage liege ein wichtiger Schwerpunkt. Des weiteren sei die Stabilisierung der Aufbau- und Ablauforganisation von zentraler Bedeutung, die einer klaren Strategie folgen und deren Umsetzung unterstützen sollte. Zudem sei die Entwicklung einer offenen Konfliktkultur in den Banken erforderlich, denn somit werde ein wichtiger Schritt Richtung Innovation und Erneuerung getan.

Entwicklung zukunftsfähiger Strategien steht noch aus

Auf strategischer Ebene gelte es, neue Antworten auf einem instabilen Markt zu finden. Die Banken würden vor der Herausforderung stehen, tragfähige neue Strategien in einem sich strukturell und teils auch “disruptiv” verändernden Umfeld zu entwickeln (reduzierte volkswirtschaftliche Funktionen der Banken, anhaltendes Niedrigzinsumfeld, digitaler Wandel, verschärfte Aufsicht etc.). Die Veränderung könnten sowohl als Chance als auch als Risiko angesehen werden. Die Befragten sind sich darin einig, dass es an den Banken selbst liegt, Chance in Innovationen und tragfähige Strategien zu überführen. Erfolg müsse aus eigener Kraft heraus gestaltet werden. Dies sei jedoch bisher nur ansatzweise gelungen. Perspektiven könnten beispielsweise in der Adaption innovativer Geschäftsmodelle, in verbesserter Customer Experience, kundenorientierter Digitalisierung oder auch in strategischen Kooperationen mit Spezialanbietern und Marktplätzen liegen.

Haltungs- und Kulturwandel erforderlich

Für die Autoren der Studie sind die konsequente Rückbesinnung der Banken auf die Kundenorientierung und den Dienst an der Realwirtschaft die zentrale Wertebasis für neues Wachstum. Durch Kundenzugang und Kundenvertrauen würden Banken bereits einen wichtigen Vorsprung besitzen, um Chancen zu erkennen und diese umzusetzen. Durch verlässliches, am Mehrwert für die Kunden orientiertes Handeln, lasse sich verlorenes Vertrauen zurück gewinnen.

Weil die Branche über viele Jahre den Bezug zu Kundennutzen und Realwirtschaft verloren habe, herrsche aktuell immer noch Misstrauen gegenüber der Branche. Die Rückbesinnung auf das elementare Zusammenspiel von Realwirtschaft und Finanzwirtschaft – und ein dazu passender Haltungswandel – stellten deshalb nach wie vor eine zentrale Herausforderung dar.

Laut Carpe Viam legen die Studienergebnisse nahe, dass die gängige Praxis der Banken, Strategien durch Einzelpersonen oder sehr kleine Gruppen oberster Führungskräfte vorzugeben, im komplexen Marktumfeld zu kurz greife. Stattdessen sollten diese durch die Bildung erweiterter Kreise interner Strategien sowie durch zusätzliche Methoden wie vorausschauende Analysen und den Umgang mit (unterschiedlichen) Standpunkten ergänzt werden. Außerdem sollten kreative Perspektivenvielfalt, Meinungsdiversität und offener Diskurs stärker in die Prozesse der Strategiefindung einfließen. Manche Banken würden bereits diesen Weg beschreiten und hätten somit einen entsprechenden Kulturwandel eingeleitet.

Ausblick: Die Bank der Zukunft

Die Studienautoren betonen, dass die Banken dem Wandel im Markt nicht ohnmächtig ausgesetzt seien und ihre Zukunft selbst in der Hand hätten. Das sehen auch die im Rahmen der Studie befragten Vertreter der Banken. Dass ein fundamentaler Wandel freilich noch aussteht, hänge mit der erkennbaren Orientierungslosigkeit der Branche zusammen.

Besonders die Führungskräfte seien gefragt, klare Standpunkte zu beziehen, Orientierung zu geben und den Wandel zu steuern und somit neue Erfolge zu gestalten. Dies umfasse den wichtigen Paradigmenwechsel zur Kundenorientierung und dem Dienst an der Realwirtschaft. Gerade hier gelte es, neue Ertragsquellen, Geschäftsmodelle und Innovationen zu entwickeln, auch jenseits der Digitalisierung. Restrukturierungen und Kostensenkungen allein seien hingegen keine tragfähiger Weg in die Zukunft. Dies gelte genauso für die Abschottung ins Eigenleben und reine Internetbankgeschäft. Unter Besinnung auf ihre Stärken und die Einnahme einer Haltung, die sich konsequent auf neue Potenziale und eigene Gestaltungsmacht ausrichtet, müsse sich die Bank der Zukunft neu erfinden. Trotz elementarer Bedrohungslagen sei es dafür nicht zu spät – es gelte aber dringend zu handeln. (ahu)

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Dr. Anja Henke, Unternehmenswachstum

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