Gesättigte Märkte fordern viele Branchen heraus: Sinkende Preise oder kaum Spielraum bei Konditionen erschweren das Geschäft. Springer-Autorin Anja Henke erklärt im Interview, welche Hürden Unternehmen für mehr Wachstum überwinden müssen. 

Springer für Professionals: Was sind die Hauptursachen, an denen mehr Wachstum in Unternehmen zumeist scheitert?

Anja Henke: Es gibt drei wesentliche Hürden, die dem Wachstum entgegenstehen. Die erste und größte Hürde liegt im Kopf. Viele Manager glauben nicht daran, dass Wachstum in den etablierten westlichen Märkten möglich ist. Es gibt sogar Analysen, die den Niedergang der westlichen Länder prognostizieren. Wer das glaubt, wird hier keine Wachstumsstrategien entwickeln. Dazu gesellt sich eine gewisse Überheblichkeit in guten Zeiten – es läuft doch! Doch genau das sind die Zeiten, um neue Strategien zu entwickeln, am Zenit des Wachstumszyklus. Das macht Google mit der aktuellen Neuorganisation gerade vor. Die Energieversorger sind auf der anderen Seite ein Beispiel für zu spätes Handeln. Denn beginnt der Niedergang, wird es eng. Erschwerend kommt hinzu, dass auch auf den Top-Management-Etagen viele Bewahrer aktiv sind. Erneuerer, die etabliertes Denken über den Haufen werfen, haben es dort besonders schwer. Die oft kurzfristigen Zeithorizonte der Planung tun ihr übriges.

Was ist die zweite Hürde?

Diese liegt in den Methoden, die genutzt werden. Die heute üblichen logisch-linearen Analyse-Tools taugen nur eingeschränkt für Wachstum. Dazu gehören auch die fast reflexartig angewandten Methoden der Restrukturierung. Wachstum ist komplex und ein dynamischer Prozess. Dies erfordert ein Verständnis von Annahmen und Rückkopplungen, einen Blick auf das Gesamte und auf Stärken. Die erforderlichen Methoden gibt es. Dazu zählen eine Vielzahl strategischer Frameworks, etwa für Wachstum im Kerngeschäft, Kreativ-Techniken, Open-Space-Methoden für die Einbindung von Mitarbeitern oder die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie. Doch diese kommen nur selten zum Einsatz.

Und die dritte Hürde?

Das sind fehlende Kompetenzen, insbesondere persönliche. Wachstum ist kein Fallbeispiel und keine reine Zahlenakrobatik. Analytische Intelligenz alleine reicht nicht aus. Für Lösungen zweiter Ordnung, die einen Musterbruch beinhalten, ist die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel erforderlich. Dies ist eine persönliche Kompetenz: Das Hinterfragen eigener Annahmen und Bewertungen von richtig und falsch. Dies sind Kompetenzen, die sowohl die Entwicklung von Strategien als auch die Umsetzung unterstützen oder oft erst ermöglichen. Einfache Beispiele für den Musterbruch sind die Analyse von Stärken statt von Schwächen oder – für Optimierungen – der Ansatz bei Informations- und Entscheidungswegen statt bei der Struktur. Weiter braucht es die Fähigkeit zu lernen. Konkret heißt dies, nicht nur Wissen zu haben, sondern dieses auch anzuwenden und bei Bedarf den Kurs zu korrigieren. All das erfordert Mut und Demut. Denn Wachstum ist nicht vorhersehbar und im klassischen Sinne kontrollierbar.

Auf welche Maßnahmen sollten Manager setzen, um ein kurzfristiges Wachstum zu erzielen?

Ein kurzfristiges Wachstum gelingt durch das Ausschöpfen der im Unternehmen stets vorhandenen Potenziale. Der Vertrieb ist das ideale Feld, um dies zu realisieren. An Open-Space-Methoden angelehnte Formate eignen sich hier hervorragend. Dabei beantworten Führungskräfte und Mitarbeiter Fragen wie: „Wie hoch schätzen Sie unsere ungenutzten Potenziale am Markt ein? Und die für mehr Produktivität?“, dann „Was sind aus Ihrer Sicht konkreten Ansatzpunkte, um diese Potenziale zu nutzen?“

Daraus entsteht ein umfassender Maßnahmenplan für zügige Wachstumserfolge, der sowohl auf externe wie auch auf interne Potenziale zielt. Entscheidend ist eine klare und stringente Steuerung in der Umsetzung. Auf eine ähnliche Weise lässt sich das komplette Unternehmen mobilisieren, indem alle Bereiche ihren Beitrag für Wachstum umsetzen. Darüber hinaus zeigt beispielsweise die Marktsegmentierung Möglichkeiten auf, um mit bestehenden Produkten benachbarte Felder zu erschließen oder bestehende Produkte für neue Kundengruppen anzupassen. Es ist oft überraschend, wie hoch die Potenziale für Wachstum in der Regel sind und wie viel positives Momentum sich mit solchen Strategien entwickeln lässt.

 

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Dr. Anja Henke, Unternehmenswachstum

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