Einer aktuellen McKinsey-Studie zufolge haben die westlichen Unternehmen ihre goldenen Zeiten hinter sich. Die Zukunft werde um ein Vielfaches ungemütlicher für sie: Wachstum basierend auf Ideen und Technologien, zunehmender Wettbewerb mit neuen Spielern und aggressiven Strategien, ungewisse technologische Entwicklungen bei rasantem Veränderungstempo. Zudem seien die Kostensenkungspotenziale weitgehend ausgereizt. Dass werde zu einem weiteren Bedeutungsverlust westlicher Unternehmen führen. //

Ist das ein neues Szenario? Schon in den 1980ern wurde zurückgeblickt auf Ölkrise, Inflation und Importe aus dem asiatischen Raum. Die Produktion der Textilindustrie im Westen verlor den Wettbewerb. Das selbstzufriedene, auf Kennzahlen ausgerichtete amerikanisch geprägte Management mit kurzfristig orientierten und Risiken meidenden Strategien stand in der Kritik (Managing Our Way to Economic Decline, Hayes / Abernathy, HBM 1980). Die zunehmende Besetzung von Top-Management-Positionen mit Zahlenmenschen (Bankern, Juristen, Beratern) ohne jedes Verständnis für Unternehmen und Industrie, wurde als Pseudoprofessionalität kritisiert.

 

Unternehmen managen ihren Niedergang

Was hat sich seitdem geändert? Welche Unternehmen nutzen herannahende Veränderungen als Chance? Sind die Fähigkeiten für den erforderlichen Wandel inzwischen vorhanden? Sicher, die Wachstumsmärkte wurden als willkommener Absatzmarkt gesehen. Doch reicht diese Form der regionalen Expansion nicht aus, um nachhaltig zu bestehen.

Die McKinsey-Studie spricht Empfehlungen aus: offensiv statt defensiv „spielen“, schlank und agil sein, auf immaterielle Werte setzen und sich langfristig orientieren. Aber haben Unternehmen überhaupt eine Basis, um daraus spezifische Strategien zu entwickeln? Sie werden scheitern, wenn sie sich an den Prinzipien der Vergangenheit orientieren. Viele Unternehmen managen bereits ihren Niedergang, was beispielsweise bei Eon, RWE und Siemens zu beobachten ist.

Insofern ist es korrekt, dass die Studie die Zukunft entlang der Vergangenheit fortschreibt. Wenn sich in den westlichen Unternehmen nichts Substantielles ändert, wird es so kommen: Die Gewichte werden sich verschieben, die gesättigten Märkte des Westens verlieren an Bedeutung.

 

Alle Möglichkeiten weiterhin vorhanden

Muss das so sein – der Niedergang des Abendlandes? Es ist ein Szenario. Andere Entwicklungen sind möglich. Dafür braucht es vor allem eins: Innovationen im Management – von der Strategie bis zur Umsetzung. Wenn ihnen das gelingt, werden westliche Unternehmen weiterhin die Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft prägen. Sie tun das dann von einer starken Heimatbasis, mit Gespür für aktuelle und latente Bedürfnisse und mit Blick für die Entwicklung des Unternehmens und seines Umfelds. Unternehmen wie Google und Alibaba zeigen, was innerhalb kurzer Zeit möglich ist.

Die westlichen Unternehmen haben alle Chancen. Sie haben kluge, gut ausgebildete Mitarbeiter, vielfältige Stärken, eine gute Finanzausstattung. Wie können sie jenseits von Kostenreduzierung und Restrukturierung die Stärken für den Erfolg und Profite nutzen?

 

Die selbst eingebauten Bremsklötze entfernen

Zunächst einmal geht es darum, die selbst eingebauten Bremsklötze zu entfernen. Als Ausgangspunkt braucht ein Unternehmen eine große Idee. Dafür sollten sich Führungsteams folgende Fragen stellen: Wie sehen unsere globalen Ambitionen aus für die nächsten zehn bis 20 Jahre aus? Auf welchem Nutzenversprechen gründen sie? Ist das Ziel groß genug? Sind wir uns über das Ziel einig? Haben wir die Kompetenzen, um die passenden Strategien zu entwickeln? Können wir als Individuen und als Team die dafür erforderlichen Veränderungen steuern? Fehlt die Idee, können die Querdenker des Unternehmens einspringen. Das einzige, was zur Seite gelegt werden muss, sind Standesdünkel und vorgefasste Meinungen.

Weiter geht es mit der Entwicklung der konkreten Strategien, die aufeinander aufbauen sollten. Schon im Ausschöpfen der bestehenden Geschäfte haben alle Unternehmen enorme Chancen für Wachstum und Ertrag. Der Ausbau gelingt durch das Erschließen neuer Kunden- und Marktsegmente und durch die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen. Die Eroberung neuer Geschäftsfelder erfordert weitere Kompetenzen, besonders Antizipation, Kreativität und Gestaltungswillen.

Gerade in der Strategieentwicklung liegen zahlreiche Engpässe, die für den Erfolg ausgeräumt werden sollten, beispielweise:

• Datenanalyse: Statt „Wenn-dann-Schlüsse“ sollten Rückkoppelungen und Wechselwirkungen mit betrachtet werden.

• Erfolgsfaktoren: Statt die Schritte auf dem Weg zum Ziel zu beschreiben, sollten die Voraussetzungen für den Erfolg definiert werden.

• Entscheidungen: Statt verborgener Wege und unklarer Annahmen empfehlen sich klare Kriterien und Prozesse.

• Verzerrungen: Statt Ausrichtung an der Meinung einzelner Vorstände oder Aufsichtsräte sollte das Feld der Strategie sowohl im Rahmen klar definiert als auch offen sein.

• Investment: Statt alle Karten auf eine große Akquisition oder Technologie setzen, die Risiken streuen, etwa über Technologien in verschiedenen Reifegraden.

• Antizipation: Statt die Strategien auf vorhandene Bedarfe zu beschränken, sollten latente Bedarfe und disruptive Veränderungen einbezogen werden.

• Selbsterneuerung: Statt die schwächsten Wirkhebel Struktur und Kosten zu nutzen, geht es um einzigartige Stärken, deren Kombination und Anwendungen.

 

Immer wieder neue Perspektiven

Was es braucht, sind immer wieder neue Perspektiven. Der Blick in die Vergangenheit weist nicht den Weg in die Zukunft. Es braucht den Willen, zu gestalten und die Zuversicht, dass dies möglich ist. Die Angst vor asiatischen Wettbewerbern hilft nicht zu gewinnen. Wie sieht die Akquisitionsliste in Asien aus? Restrukturierung wahrt Vergangenes, schafft aber keine Zukunft. Die klare Benennung von Verantwortlichkeiten und die konsequente Steuerung ermöglichen die Optimierung wie auch die verlässliche Umsetzung von Neuerungen.

Dies alles zu tun, erfordert zunächst begrenzte Investitionen – in Ideen, in Prozesse, in Kompetenzen. Daraus entsteht neues Wachstum. Das ist sicherer, als abzuwarten und mehr vom Selben zu tun.

 

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Dr. Anja Henke, Unternehmenswachstum

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