Die Lufthansa entlässt bis Jahresende rund 30.000 Mitarbeiter, trotz hoher Staatshilfen. Gibt es Alternativen oder Ergänzungen zu diesem Vorgehen, etwa eine innovative Restrukturierung? Wie kann ein solcher Weg aussehen?

Einbruch der Auslastung

Fakt ist: Schon lange vor der Krise flog der Kranich durch etliche Turbulenzen und hatte mit Luftlöchern zu kämpfen. Durch die Coronavirus-Pandemie ist seit Anfang 2020 die Auslastung massiv eingebrochen. Die Mitarbeiter sitzen weitgehend betätigungslos zu Hause.

„Wir wollen irgendwann bei 50 Prozent Auslastung Cash-neutral sein. Die sind absolut nicht absehbar“, so Lufthansa-Chef Spohr mit Blick auf Passagierflüge. „Wir sind froh, wenn wir auf 20 Prozent im Winter kommen.“

Quelle: https://industriemagazin.at/a/lufthansa-chef-anstieg-der-auslastung-ist-nicht-absehbar

Die Pandemie als „Black Swan“

Die Pandemie kommt als „Black Swan“, also als ein Ereignis, das kaum vorhersehbar war, so das Narrativ.

Ganz korrekt ist das nicht, denn die WHO hat im Sept. 2019 in ihrem Bericht „A World at Risk“ auf die Risiken von Virus-Pandemien weltweit hingewiesen. Das hätte ein Alarmsignal für die Industrie aller Branchen und für die Politik sein sollen.

Darüber hinaus gab es Hinweise auf Veränderungsbedarf in den Geschäftsmodellen der Lufthansa.

  • Fliegen wurde zur Commodity und billig wie Taxi fahren. Ryanair hat davon profitiert. Lufthansa hat später nachgezogen.
  • Damit war das einstige Statussymbol Fliegen kaum noch zu retten.
  • Die Umwelt schrie schon lange auf. Der Tourismus zerstörte viel, bis hoch in den Himalaya und in die Tiefen der Meere. Sogar die lokale Bevölkerung in manchen Ländern hatte genug vom Tourismus, auch wenn dieser eine wichtige Einkommensquelle ist (war).
  • Technologische Veränderungen bei den Flugzeugen standen schon lange an, um den CO2-Ausstoss zu verringern.
  • Das Kundenverhalten hat sich deutlich verändert. „Flugscham“ wurde zu einem neuen Begriff für die Branche.

Die Coronavirus-Pandemie richtet nun das Brennglas auf diese Entwicklungen und forciert den Bedarf nach Veränderungen.

Menschen verdrängen Veränderungen

Dass wir Menschen Veränderungen verdrängen und notwendiges Handeln vor uns herschieben, ist ein verbreitetes Phänomen. Das gilt natürlich auch auf den Top Management Etagen der Unternehmen. Gerade wenn das Geschäft gut läuft, kommt allzu leicht der Glaube auf, dass es immer so weiter geht. Das stimmt natürlich nicht. Denn der Zenit der Wachstumskurve ist irgendwann überschritten.

Reaktion Restrukturierung

Die meisten Unternehmen reagieren dann, wenn die Geschäfte schlechter laufen, mit Restrukturierung und Personalentlassungen, so wie jetzt die Lufthansa. Studien zeigen jedoch, dass dies nur selten zu mehr Profitabilität führt, nämlich in etwa einem Drittel der Fälle (u.a. Cascio in den USA). Denn oft genug fehlen bei solchen Restrukturierungen die Perspektiven für die Zukunft. Es bleibt bei der Hoffnung, dass „es irgendwann besser wird“. In einer solchen Situation erodiert die Moral der Mannschaft. Wichtiges Wissen geht verloren, ebenso Kapazitäten, die für neue Geschäfte oder einen Aufschwung dringend erforderlich sind.

Dennoch, das Vorgehen scheint alternativlos und wird von führenden Managern und Beratern propagiert.

Welche Alternativen gibt es?

Natürlich gibt es immer Alternativen. Der Zugang dazu führt über Innehalten, Nachdenken, Neues (Innovation) entwickeln und dann umsetzen. Das ist nicht mit hohen Risiken verbunden, im Gegenteil. Denn Strategien für Wachstum, Erneuerung und Innovation sind wissenschaftlich fundiert und vielfach eingesetzt. In Wahrheit minimieren diese Vorgehensweisen sogar die Risiken.

Diese Vorgehensweisen beruhen darauf, die Veränderungen zu nutzen, um Zukunft zu gestalten. Denn Umbrüche und Paradigmenwandel bergen immer Chancen.

Grundlage dafür ist ein neues Denken über das Unternehmen und die Branche. Auch wenn bei der Lufthansa ein Pilot an der Spitze steht, geht es in Zukunft möglicherweise nicht mehr nur um das Fliegen.

Innovative Restrukturierung

Jetzt könnte die Lufthansa die verfügbare Zeit nutzen, um eigene Stärken zu untersuchen und neue Einsatzfelder dafür zu finden (etwa über eine Stärken-Anwendungs-Segmentierung). Die Lufthansa verfügt über Geschäftsfelder jenseits des Fliegens von Menschen, etwa Technik, Logistik, IT und Catering (Sky Chefs wurde leider gerade verkauft). Überall sollte nach Chancen gesucht werden.

Das ist einer der möglichen kreativen Prozesse, der die Mitarbeiter einbindet. Denn dort gibt es viel Wissen über Märkte, Chancen und Engpässe im Unternehmen. Ein solches Bottom-Up Vorgehen sollte Top-Down von strategischer Vorausschau begleitet werden, um einen klaren Rahmen für die Strategie zu formen und die Veränderungen in eigene Vorteile umzumünzen.

Hier noch eine etwas konkretere Betrachtung und einige beispielhafte Ideen:

  • Mit den Flugzeugherstellern an Technologien der Zukunft arbeiten
  • Logistik / Cargo stärken, gerade in einer Welt des Online-Handels
  • Dienstleistungen einsetzen, etwa für Catering am Boden
  •  IT-Services für andere (Sicherheits)Bereiche anbieten
  • Events planen (wenn diese wieder erlaubt sind), etwa das Dinner im Flugzeug (schon Realität, siehe https://www.singaporeair.com/de_DE/de/flying-withus/dining/)
  • Fliegen wieder zum Luxus machen und die Customer Journey neu designen

Solche Ideen zu entwickeln, ist ein umfassender Prozess, der iterativ erfolgt; denn oft bauen Ideen aufeinander auf. Und die Mannschaft braucht etwas Zeit, um damit warm zu werden. Dann jedoch gibt es Chancen für echte Innovationen und Durchbrüche.

Für die Umsetzung und Steuerung sollte dann auf umfassende Befähigung gesetzt werden, so dass es nicht beim „PS auf die Straße bringen“ scheitert.

Für Mehrwert

Solche Gedanken mögen ungewöhnlich erscheinen. Doch die Ergebnisse der bisher üblichen Sanierungen und Restrukturierungen sind – gelinde gesagt – mau. Die Erfolgsquoten liegen zwischen 5 und 30 Prozent. Damit gehen hohe Werte verloren. Auf der anderen Seite gibt es starke Beispiele, die den Erfolg von innovativer Restrukturierung belegen. Damit ist es unter anderem einer namhaften Bank in der Finanz- und Schuldenkrise 2008 / 2009 gelungen, die Erträge zu steigern. Innovative Restrukturierung schafft also Mehrwert.

Daher brauchen wir gerade in dieser Zeit der pandemiebedingten Krise und der massiven Umbrüche neue Vorgehensweisen und Methoden. Das ist dringend und wichtig. Wir müssen unsere Kreativität einsetzen und neue Wege gehen. Dabei können wir alle nur gewinnen. Die Lufthansa könnte das auch. Möge dies ein Denkanstoß für das Gestalten einer positiven Zukunft sein.

 

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Dr. Anja Henke, Unternehmenswachstum

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