Die Frage, warum Unternehmen eigentlich wachsen sollten, wird kontrovers diskutiert. Diese Diskussion ist wichtig und stimmt zugleich nachdenklich. Grundsätzlich gibt es gute Gründe für Wachstum, wie beispielsweise die nachhaltige Sicherung von Unternehmen (siehe Beitrag „Welches Wachstum schafft den höchsten Wertbeitrag?). Zugleich ist die Frage nach der Legitimierung von Wachstum berechtigt. Das gilt insbesondere dann, wenn „Altes“, also die immer gleichen Geschäftsmodelle und Technologien, zum Einsatz kommen und wenn es um die Gier nach Mehr (Geld) geht. Ob Wert schaffendes Wachstum gelingt, hängt also von Blickwinkel, Haltung und Strategien ab (siehe auch „Wie Sie Wertvernichtung erkennen und umsteuern“).

 

Wachstum – sollten wir besser darauf verzichten?

Die ökologische Kritik am Wachstum und seinen „Grenzen“ richtet sich insbesondere an den damit verbundenen Verbrauch natürlicher und begrenzter Ressourcen. Die Logik: Mit den endlichen Ressourcen ist notwendigerweise auch jedes Wachstum endlich. Die moralische Seite der Kritik ist, dass Wachstum als Weg angesehen wird, auf dem einzelne Personen oder kleine Gruppen ihre Gier nach Mehr (Geld) befriedigen, dies oft mit den kurzfristigen Prinzipien des „schneller, besser, weiter“. Das macht Wachstum „unanständig“ und „egoistisch“, also aus moralischer Sicht verwerflich. So betrachtet ist der Verzicht auf Wachstum ökologisch korrekt und moralisch anständig.

Die Gefahren „alter“ Geschäftsmodelle und egoistischer Motive sind real

Die Berechtigung dieser Art Wachstumskritik lässt sich nicht von der Hand weisen. Die Wirtschaftszeitungen sind voll davon. Ein Beispiel für den Einsatz „alter“ Geschäftsmodelle für ein erkennbares Problem von morgen ist der Export des Geschäftsmodelles „Auto mit Verbrennungsmotor“ für die Mobilität der Menschen in China und Indien. Hier braucht es definitiv eine neue S-Kurve, etwa Elektromobilität (auch wenn dies noch nicht die eigentliche Lösung ist). Ein Beispiel für egoistische Motive sind die Marktmanipulation der Banken und deren Fokus auf die eigene Rendite bzw. Bonusziele. Im Kern mag auch der Export etablierter Geschäftsmodelle ein Ausdruck von egoistischem Gewinnstreben sein.

Diese Strategien sind kurzfristig erfolgreich, doch langfristig desaströs

Bei diesen Beispielen geht es um kurzfristiges Wachstum. Weder die Verlängerung von Etabliertem („Altem“) noch die egoistischen Motive schaffen nachhaltige Werte. Vielmehr sind diese Strategien kurzfristig erfolgreich, doch langfristig desaströs. Die Folgen solcher Strategien treffen alle –, auch die, die heute scheinbar davon profitieren. Zugleich werden solche Strategien im Zeitalter digitaler Kommunikation und hoher Vernetzung immer schneller transparent. Was in diesen Fällen offen bleibt, ist die Lösung für das eigentliche Problem. Doch genau dort liegt die eigentliche Wachstumschance. Unternehmen, die solche kurzfristigen Strategien verfolgen, schaden sich also selbst.

 Wachstum ist Problemlösung

Damit wird auch klar, was Wert schaffendes Wachstum wirklich bedeutet: Vorhandene oder latente Probleme mit neuen Ideen zu lösen. Technologischer Fortschritt ist dabei eine essentielle Zutat. Das Gute ist: Ideen sind uns als Menschheit noch nie ausgegangen. Es dauert allerdings oft, bis diese sichtbar werden und sich durchsetzen.

Wachstum sichert den nachhaltigen Bestand

Nachdenklich stimmt die Frage nach der Berechtigung von Wachstum mit Blick auf das Schicksal einzelner Unternehmen. Denn wie sollen diese nachhaltig bestehen, wenn sie nicht wachsen und sich weiterentwickeln? Fehlendes Wachstum – im wertschaffenden Sinne – ist zwangsläufig der Weg in den Niedergang. Dabei muss Wachstum aufgrund seines zyklischen Charakters nicht unbedingt mit immer steigenden Umsätzen verbunden sein. Auch im Inneren des Unternehmens kann ein ständiger Abbau und Aufbau erfolgen, ohne dass die Größe unbedingt zunehmen muss. Die Gefahren dabei sind, dass solche Unternehmen als Idee des Gründers mit dessen Weggang niedergehen, von anderen übernommen werden oder bedeutungslos werden. Um dauerhaft profitables Wachstum zu erzielen, braucht es gezielte Strategien (für die Lösung von Problemen) und das Schaffen von Strukturen und Prozessen, die das Wachstum tragen. Viele Mittelständler sind Beispiele für diese Art von Wachstum, etwa Hidden Champions wie Herrenknecht (Tunnelbau) oder Wilo (Pumpen).

„Wachstum ist weniger riskant, als kein Wachstum.“

Wachstum ist für Unternehmen wie Sauerstoff für Menschen Vertieft man die Frage nach dem „Warum“ von Wachstum für das einzelne Unternehmen wird deutlich: Wachstum ist für Unternehmen so wichtig, wie Sauerstoff für uns Menschen. Denn Wachstum schafft viele Vorteile. Fehlendes Wachstum hingegen birgt große wirtschaftliche Risiken. Ohne Wachstum verliert ein Unternehmen:

  • an Attraktivität für Kunden
  • an Wert für Investoren
  • an Produktivität, weil die Mitarbeiter gegeneinander statt miteinander arbeiten
  • an Attraktivität für engagierte Mitarbeiter
  • an Unabhängigkeit, weil die Gefahr einer Übernahme steigt.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Wachstum ist für Unternehmen weit weniger riskant, als kein Wachstum.

Wachstum hängt ab von Blickwinkel, Absicht und Strategie  

Wachstum ist im Kern eine Frage des Blickwinkels: Inwieweit werden vorhandene Wachstumschancen gesehen? Zugleich ist Wachstum eine Frage der Absicht: Wem dient das Wachstum, den Interessen Weniger / Einzelner oder der Problemlösung? Und Wachstum ist eine Frage der Strategie: Wofür soll das Unternehmen stehen, wie groß soll es sein und wie lange soll es bestehen?

Wachstum ist Weiterentwicklung und Veränderung

Fest steht: Wert schaffendes Wachstum basiert auf den passenden Standpunkten und geht mit ständiger Weiterentwicklung wie auch Veränderung einher. Allein dies kann ein gewichtiger Grund sein, Wachstum rundweg abzulehnen. Denn viele Komfortzonen lassen sich im Wachstum kaum bewahren. Dennoch, vor Wachstum, das kontinuierlich neue Lösungen und Werte schafft, sollten wir nicht zurückschrecken, ganz im Gegenteil. Denn darin steckt die Gestaltung unserer Zukunft.

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